Der Westen V

Der Westen V

Saalfelden Nebelwald

Salzburg

An einem Wintertag südlich von den Leoganger Steinbergen.

Conrad Ferdinand Meyer:
Über schneebedeckter Erde blaut der Himmel, haucht der Föhn –
ewig jung ist nur die Sonne! Sie allein ist ewig schön!
Heute steigt sie spät am Himmel, und am Himmel sinkt sie bald –
wie das Glück und wie die Liebe hinter dem entlaubten Wald.

Pflerscher Tribulaun

Tirol

Der Tribulaunkamm trennt das Tiroler Gschnitztal und das italienische Pflerschtal. Sein höchster Gipfel ist der Pflerscher Tribulaun.

Über diesen Koloss gibt es viele Geschichten.
Etwa die Sage vom Bergkönig, der einem verfolgten Bergmann Schutz gab, indem er eine tiefe Scharte in den Berg schlug.
Weshalb der Pflerscher Tribulaun im Volksmund auch „die Schaar“, also „die Schere“ heißt.
Oder die Erzählung von seiner Erstbesteigung. Bis 1874 galt der Dreitausender als unbezwingbar.
Erst in diesem Jahr schafften es drei wagemutige Kletterer auf seinen Gipfel. Zwei von ihnen angeblich barfuß.

Pasterze unterhalb vom Hufeisenbruch

Kärnten

In der eisigen Welt am Großglockner.

Der höchste Berg von Österreich besitzt mit der Pasterze auch den größten Gletscher unseres Landes.

Der Name Pasterze kommt möglicherweise vom slowenischen Wort „pastir“, dem Hirten, weil das Gebiet einst Weideland war.
Und wer weiß, womöglich wird es das auch bald wieder sein.
Denn so wie der Gletscher vor wenigen Jahren noch aussah, sieht er heute schon längst nicht mehr aus.

Jagdhausalm

Tirol

Im Defereggental, wo jetzt eine dicke Schneeschicht die Hänge bedeckt, liegt eine der ältesten Almen von Österreich: Die Jagdhausalm.

Schon im Mittelalter gab es hier sechs Höfe, damals noch ganzjährig bewirtschaftet.
Heute sind es 16 Steinhäuser und eine Kapelle, die alle unter Denkmalschutz stehen.
Die Häuser dienen gleichzeitig als Stall, Vorratslager und Behausung der Senner.

Von Juni bis September werden hier alljährlich 350 Rinder und 70-80 Schafe gealpt, von 15 Bauern aus Südtirol.
Doch nun hat der Winter die Alm in Stille und Einsamkeit gehüllt, bis Mensch und Vieh im Frühsommer zurückkehren.

Seefeld Winter

Tirol

Was erzählt ein Ort über sich selbst, wenn er unter einer dicken Schneedecke liegt, die alles gleich aussehen lässt? Was verrät er von seiner Geschichte?
Hier in Seefeld begann der Aufstieg zum Handelszentrum im Mittelalter, als eine wichtige Verkehrsroute über die Hochebene zwischen Wettersteingebirge und Karwendel führte.
Im 14. Jahrhundert kamen Pilger dazu und machten Seefeld zum Wallfahrtsort.
Durch den Bau anderer Straßenverbindungen wurde es dann wieder ruhig, bis Ende des 19. Jahrhunderts der Fremdenverkehr erneut Aufschwung brachte.
Das alles verschweigt der Ort unter der Schneedecke ebenso wie die Träume und Sehnsüchte seiner Bewohner.

Ruine Ehrenberg bei Reutte

Tirol

Im Mittelalter führte die Via Claudia über die Alpen.
Wie bei allen Handelsstraßen war es wichtig, sie zu sichern.
Deshalb wurde hier, südlich von Reutte, eine Befestigungsanlage errichtet.
Sie galt als uneinnehmbar bis – ja, bis sie im 16. Jahrhundert erobert und zerstört wurde.

Wer die Ruine dieser Burg Ehrenberg heute besucht, hat eine spektakuläre Zugangsmöglichkeit: Die Highline179.
Hinter diesem Namen verbirgt sich die weltlängste Fußgängerhängebrücke im Tibet Style, wie sie offiziell heißt.
Oder einfacher gesagt: eine 406 Meter lange und 1 Meter 20 breite Stahlseilbrücke in 114 Meter Höhe.

Pillersee

Tirol

In den Kitzbüheler Alpen, die damals freilich noch nicht so hießen, gab es vor etwa 15.000 Jahren einen Bergsturz.
Dieser verlegte den Grieselbach und es bildete sich ein See, Der Pillersee.
Sein Name verweist vermutlich auf ein Naturphänomen.
Wenn nämlich der Wind seine Wellen aufschaukelt, beginnt der See zu „pillern“, wie man im Dialekt sagt.
Und das heißt „brüllen“ oder „brausen“.

Gletscherfahrt Pitztaler Gletscher

Tirol

In der Nähe vom Alpenhauptkamm.

Sommerstein im Steinernen Meer

Salzburg

Zwischen Salzburg und Bayern gibt es ein Meer: Das Steinerne Meer.
Seine Wellen sind aus Dachsteinkalk und bilden auf über 2.000 Meter Höhe eine verkarstete Hochfläche.
Blickt man von Westen, von Saalfelden, zum Steinernen Meer, sticht eine Felsnadel hervor: Der Sommerstein.

Direkt an seiner Flanke liegt das Riemannhaus, einer der wichtigsten Stützpunkte für Bergsteiger im steinernen Meer.
Auch für jene, die von hier aus auf den Gipfel vom Sommerstein wollen. Laut Wanderführer in 30 Minuten schaffbar.

Nicht erwähnt wird jedoch, welche Kondition es dafür braucht.

Großes Walsertal

Vorarlberg

Zwischen dem Tannberg und dem inneren Walgau liegt das Große Walsertal.

Die Berge an seinen Seiten haben zwei verschiedene Gesichter:

Im Norden sind sie aus weichem Flyschgestein das eine Landschaft mit vielen runden Höckern hervorbringt, in der die
Weideflächen bis zu den Berggipfeln hinaufreichen. Im Süden dagegen sind es schroffe Gipfel und Grate aus alpinem Kalk.

Das einsame Hochtal ist dünn besiedelt. Nur etwas mehr als 3.000 Menschen leben hier: Die Walser.

Ihre Vorfahren kamen aus dem Schweizer Kanton Wallis und waren Söldner. Angeworben, um wichtige Gebirgspässe zu sichern.
Als Gegenleistung erhielten sie Grund und Boden, meist in unwegsamem Gelände.

Um hier zu leben und zu überleben, braucht es schon eine besondere Liebe zur Natur, zur Freiheit und einen sturen Schädel.
Alles, was man den Walsern bis heute nachsagt.

Allgäuer Alpen Richtung Hoher Ifen

Vorarlberg

In den Allgäuer Alpen.

Wenn der Tag sinkt und Der Abend aufsteigt,
werden die uralten Berge eins mit den jungen Bäumen an ihren Flanken.
Vereinen sich ohne Bedauern und ohne Hast.
Denn das schwindende Licht ist weich und versöhnlich
und gibt selbst dem rauen Fels einen zärtlichen Ton.

Arlbergpass Stromleitungen

Tirol

Die Zeit, als der Arlberg eine einsame Bergregion war, ist längst Geschichte.
Heute tummeln sich auf den Pisten von St. Anton, St. Christoph, Lech und Langen zigtausende Wintersportler pro Tag.
So viele wie in einer Kleinstadt.
Es braucht Strom für ihre Beherbergung, Verpflegung, ihren Transport und nicht zuletzt für das Beschneien der Pisten.
Energie ist die Währung des Wohlstands. Und die Natur häufig ihr Preis.

Kronburg

Tirol

Schon von weitem kann man sie sehen, dort, auf ihrem steilen Felsen hoch über dem Inn
zwischen Zams und Schönwies: Die Ruine der Kronburg.

Sie wurde im Spätmittelalter als Wehrburg errichtet, und ihr markanter Wohnturm ist bis heute erhalten.

Am Fuß vom Burgberg sind eine kleine Wallfahrtskirche, ein Gasthof und ein Klösterle.
Denn seit 2005 ist die Kronburg im Besitz der Barmherzigen Schwestern von Zams.
Und weil sie auch am Tiroler Abschnitt vom Jakobsweg liegt, finden Pilger im Klösterle Unterkunft.

Wallfahrtskirche Maria Locherboden

Tirol

Am Rand vom Mieminger Plateau steht ein Kirchlein.
Wie bei vielen Wallfahrtskirchen ranken sich auch bei Maria Locherboden Legenden um ihre Entstehung.

Es soll ein Grubenunglück gewesen sein, das einen guten Ausgang nahm, nachdem die Knappen die
Gottesmutter um Hilfe angefleht hatten. Zum Dank stellten sie am Eingang des Bergwerks ein Marienbild auf.

Als es still um den Bergbau wurde, wurde es auch still um Maria Locherboden.
Doch eine Wunderheilung 1871 ließ den Strom von Pilgern und Spenden wieder anschwellen,
sodass 1901 eine neugotische Kirche errichtet werden konnte.

Bei ihrer Weihe soll es übrigens Lichterscheinungen gegeben haben.
Doch wie schon gesagt – um jeden Wallfahrtsort ranken sich Legenden.

Nordkette oberhalb Innsbruck

Tirol

Nähert man sich dem Hafelekar von Norden her, ahnt man nicht, was einen hier oben erwartet.
Erst wenn man über den Gipfelgrat lugt, sieht man zwei kleine Häuser. Eigentlich unscheinbar.
Dabei wurde in ihnen Geschichte geschrieben.

Der Physiker Victor Franz Hess erforschte hier, auf 2.300 Meter Höhe, die kosmische Strahlung,
wofür er 1936 den Nobelpreis bekam.

Warum das Observatorium genau hier steht, hat auch einen praktischen Grund: Die Gondelbahn.
Gestaltet wurde sie von Franz Baumann. Schwungvoll hat er 1928 die Bergstation in die Landschaft
eingepasst und damit ein neues Wahrzeichen geschaffen für die Stadt am Fuß dieses Berges, für Innsbruck.
Denn die Nordkettenbahn führt von der Innenstadt bis hinauf aufs Hafelekar.

Westliches Rofangebirge

Tirol

Täusch Dich nicht in mir, sagt das Rofangebirge, auf seiner Südseite.
Auf der, die zum Achensee schaut, wo Rinder und Schafe weiden.
Schaut man auf die Nord- oder Ostseite vom Rofan, weiß man warum.
Wie Klippen fallen die Felswände dort ab. Bis zu 450 Meter tief.
Rinder und Schafe haben hier keine Freud. Aber die Kletterer.

Eissee

Salzburg

In den Krimmler Tauern, wo die Grenze zu Italien nur wenige hundert Meter entfernt ist, liegt der Eissee.

Er ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern wartet zur Schneeschmelze mit einem seltenen Naturphänomen auf: Blutschnee.
Dann schimmert seine Oberfläche blutigrot. Doch heute blinzelt er blau Richtung Himmel.

Kitzbüheler Horn

Tirol

Fast ein Zweitausender ist das Kitzbüheler Horn.
Auf seinen Gipfel kommt man bequem mit der Seilbahn oder über eine Panoramastraße.
Trotzdem schrieb und schreibt es Sportgeschichte.

Vor hundert Jahren gelang hier dem Tiroler Franz Reisch die erste hochalpine Skiabfahrt.

Heute bekommen Radsportler bei der Erwähnung des Horns leuchtende Augen.
Denn das Alpenhaus auf 1.670 Meter Höhe ist eines der Ziele bei der Österreich-Radrundfahrt.

Die maximale Steigung im Schlussanstieg beträgt mehr als 22 Prozent.
Wen wundert’s, dass das Horn deshalb auch „Alpe d’Huez von Österreich“ genannt wird.

Spullersee Lechquellengebirge

Vorarlberg

In einem Seitental des Lechtals liegt der Spullersee. 

Auf den ersten Blick ist er ein idyllischer Bergsee auf 1800 Metern.
Tatsächlich wurde er jedoch künstlich angelegt, und ohne ihn würde die Arlbergbahn nicht fahren.
Denn er ist Speicher für das Kraftwerk Spullersee, das den Strom für die Bahn erzeugt.

1919 wurden Kraftwerk und Stausee errichtet. Zu dieser Zeit eine technische Pionierleistung und vermutlich
hat damals niemand gedacht, dass sie noch hundert Jahre später unverändert ihren Dienst tun würden.

Lechquellengebirge

Vorarlberg

In den Alpen, westlich des Arlbergs, oberhalb des Klostertales.

Das Klima ist rau, früh im Herbst fällt der erste Schnee, die Bergwände sind schroff und die Flächen verkarstet.

Und doch hat hier einer der wichtigsten Alpenflüsse seinen Ursprung.
Hier entspringen der Formarinbach und der Spullerbach und vereinigen sich zum Lech.
Weshalb die Gebirgsgruppe auch Lechquellengebirge heißt.

Schesaplana

Vorarlberg

Dort, wo heute die Schesaplana, der höchste Berg im Rätikon, fast dreitausend Meter hoch aufragt, dort soll der Sage nach eine blühende Alpe gewesen sein.

Eines Tages ist ein Berggeist als Bettler verkleidet zu den Sennern gegangen und hat sie um Brot und Schmalz gebeten.
Doch die Alpleut haben ein Herz wie Stein gehabt und dem armen Männlein nichts als Unworte gegeben.
Da hat der Berggeist die Alpe verflucht und es ist eine brandkohlschwarze Nacht niedergegangen.
Und am nächsten Tag ist dort, wo zuvor prächtiges Grün war, nur noch himmelhoch getürmter Fels gewesen.

Fernsteinsee

Tirol

Im Winter schimmert er in tiefem Blau, im Sommer smaragdgrün: Der Fernsteinsee.
Es heißt, er sei einer der schönsten Alpenseen und ein ganz besonderes Tauchrevier.
Tauchen darf jedoch nur, wer über ein bestimmtes Maß an Erfahrung verfügt und mindestens zwei Nächte in dem Hotel verbringt, zu dem er gehört.
Denn wer glaubt, dass der See einsam und abgeschieden liegt, irrt.
An seinem Ufer verläuft die Fernpass-Bundesstraße, eine der wichtigsten Verbindungen von Deutschland nach Italien.
Idylle ist manchmal nämlich weder einsam noch unbeschränkt zugänglich.

Nauders

Tirol

Fährt man vom Ortszentrum in Nauders nach Süden, ist man fünf Kilometer später in Italien.
Fährt man nach Osten, steht man nach acht Kilometern am Ufer des Inn, der hier die Grenze zur Schweiz bildet.
Luftlinie wäre es noch kürzer.

Schon in der Antike war Nauders Zollstätte an der römischen Via Claudia Augusta über den Reschenpass.
Als dann die Straße über den Brenner als Handelsroute ausgebaut wurde, verlor der Ort seine Bedeutung als Grenzort.
Heute lebt er vom Sommer- aber mehr noch vom Wintertourismus. Auf rund 1.500 Einwohner kommen 4.200 Gästebetten.

Oberes Inntal

Tirol

Der Inn ist ein Dreiländerfluss. Bei Nauders überquert er die Grenze vom Oberengadin und fließt nun durch Tirol Richtung Bayern.
Der Flussabschnitt bis kurz vor Innsbruck, wo er die Melach aufnimmt, ist das Oberinntal.
Im Vergleich zu den nord- oder südalpinen Staulagen gibt es hier weniger Niederschlag. Grund dafür sind die steilen Bergflanken.
Sie machen das Oberinntal allerdings auch eng, sodass Siedlungen und Gewerbegebiete um den Platz konkurrieren.
Und das auch noch mit Straßen und Bahngleisen. Denn das Tal ist auch wichtige Ost-West-Verbindung.