Der Osten III
Flughafen Schwechat
Am frühen Morgen – wenn es am Flughafen Wien-Schwechat noch ruhig hergeht –
dann spürst du sie, so wie sie die ersten Piloten gespürt haben mögen, die Magie des Fliegens.
Denn Fliegen lässt Dich Grenzen überwinden: Grenzen der Schwerkraft, der Bewegung, der Zeit und deiner selbst.
Sogar hier – am größten Flughafen von Österreich – wo täglich bis zu 600 Maschinen starten und landen – erfasst dich der Zauber.
Und du bekommst das Gefühl, als ob seine Lichter nur funkeln, um dir Geleit zu geben auf deinem Weg Richtung Himmel.
Morgennebel Anninger
Über die Nebelgrenze hinaus wandern – hinauf zur Sonne, die Körper und Seele wärmt.
Alles Schwere unter der wolkigen Decke zurücklassen: Ängste und Sorgen, Ärger und Trübsal.
So oder so ähnlich dachten sicher auch Kaiserin Sisi und Kronprinz Rudolf, Richard Wagner,
Arnold Schönberg, Moritz von Schwind und viele viele andere, die es ihnen gleich taten und immer noch gleich tun,
wenn sie hier herauf wandern - auf einen der beliebten Hausberge von Wien - Den Anninger.
Schloß Hof
Pracht und Macht mitten im Nirgendwo.
Hier wird nichts versteckt
oder verborgen, sondern gezeigt – ach was –
zur Schau gestellt, demonstriert: Schlosshof im Marchfeld.
Einst Jagdsitz von Prinz Eugen von Savoyen, später Wohnsitz von
Kaiserin Maria Theresia
und ihrer Familie, in Folge ihr Witwensitz und ab 1898
vom Militär genutzt.
Nach der k.k. Kavallerie zog das österreichische Bundesheer ein,
dann die
deutsche Wehrmacht und 1945 die Soldaten der Roten Armee.
Erst seit 2002 erstrahlen Schloss Hof und seine Gartenanlagen
nach und nach wieder im ursprünglichen Glanz.
Und zwischen den Äckern des Marchfelds
bilden Blumen erneut Muster wie elegante Stickerei.
Burgruine Staatz
Die Burgruine Staatz im
nördlichen Weinviertel.
Ihr Burgberg erhebt sich so gemächlich aus der Ebene,
als wollte er den ruhigen Fluss von Feldern und Weingärten nicht mutwillig
stören.
Es gab aber auch andere Zeiten. Als die Burg im 11. Jahrhundert errichtet wurde, sollte sie das Land vor Angriffen schützen.
Aber wer heute hier her kommt, kommt nicht mit kriegerischen Absichten, sondern kulinarischen. Wegen des guten Weines.
March Auen
Seit der Antike ist die March ein Grenzfluss, und bis heute gibt es nur drei Brücken.
An ihrem linken Ufer liegt die Slowakei, wo man sie Morava nennt.
Obwohl das Nachbarland zum Greifen nah ist, war es durch den
Eisernen Vorhang unerreichbar.
Als er 1989 fiel, strömten die Menschen aus
beiden Ländern an die Flussufer und jubelten.
In manchen Gemeinden wurden
spontan Stege errichtet, um die Nachbarn begrüßen zu können.
Eine Brücke für
Radfahrer und Fußgänger soll noch heute an diese guten Zeiten erinnern, sie
heißt nämlich „Brücke der Freiheit“.
Zicksee
Am Zicksee im Burgenland. Dicht wächst das Schilf an seinen Rändern.
Es ist ein wahrer Tausendsassa.
In
nur sechs Wochen kann es bis zu zwei Meter hoch werden und lässt sich für
Vieles verwenden:
Für Möbel oder Baumaterial, als Futtermittel oder Dämmstoff.
Geschnitten wird es nur im Winter.
Und das mittlerweile äußerst sorgsam.
Denn der Schilfgürtel ist Lebensraum für
zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten.
Edmundshof
Nordöstlich von Mönchhof im Burgenland liegt – fast wie vergessen – ein Gutshof.
1844 wurde er vom Stift Heiligenkreuz übernommen und zu Ehren des
damaligen Abtes
Edmundshof genannt. Noch heute werden die 700 Hektar Land vom
Stift bewirtschaftet.
Doch das Gut liegt nicht nur inmitten der Felder, sondern auch
mitten in einem der größten Windparks von Österreich.
Quasi im Windschatten.
Burg Kreuzenstein
Die Burg Kreuzenstein sieht genauso aus wie man sich eine echte Burg vorstellt. Doch als Ganzes ist sie nicht echt, nur im Detail.
Ihre Wurzeln reichen zwar bis ins Mittelalter, doch im Laufe der
Zeit verfiel sie völlig. Bis vor etwas mehr als hundert Jahren.
Da begannen
ihre Eigentümer, sie wieder aufzubauen – mit Originalteilen – jedoch von
verschiedenen Burgen aus ganz Europa.
Und so wurde sie, was sie heute ist: Das romantische Ideal einer Burg
Dürnrohr
Das Kraftwerk Dürnrohr ist das letzte Kohlekraftwerk in
Österreich.
Noch ist es weithin sichtbar – sein Rauchfang ist mit 210 Metern der
höchste hierzulande.
Es liegt im Tullnerfeld, in der Nähe des Kernkraftwerks Zwentendorf, und die Geschichte der beiden Anlagen ist eng verbunden.
Nachdem sich Österreich 1978 in einer Volksabstimmung gegen die
Kernkraft entschieden hatte,
wurde das Kohlekraftwerk gebaut, um den wachsenden
Energiebedarf zu decken.
Die Energiekonzepte von damals sind mittlerweile überholt.
Stromerzeugung aus Kohle ist nicht mehr rentabel.
Einer der beiden
Kraftwerksblöcke von Dürnrohr wurde deshalb im Frühjahr 2015 stillgelegt,
der
andere wird in den nächsten Jahren folgen.
Eisenbahnstrecke Tullnerfeld
Vor 150 Jahren wurde die Kaiserin-Elisabeth-Bahn eröffnet. Sie verband Wien mit Salzburg – in neun Stunden.
Seit 2012 führt eine Hochleistungsstrecke durch das Tullnerfeld. Damit verkürzt sich die Fahrzeit auf zwei Stunden zwanzig Minuten.
Auch St. Pölten erreicht man nun
fünfzehn Minuten früher.
Sofern man das will.
Basilika Sonntagberg
Wer hier heroben steht, dem liegt das Mostviertel zu Füßen.
Seit dem 15. Jahrhundert – als eine Kapelle gebaut wurde – strömen Pilger auf den Sonntagberg.
In der Monarchie war er – nach Mariazell – sogar der wichtigste Wallfahrtsort Österreichs.
Und noch immer kommen Menschen mit ihren Bitten und Sorgen, denn der Weg zum Himmel scheint von hier aus etwas kürzer zu sein.
Erlaufstausee
Der Erlaufstausee ist nicht der Erlaufsee.
Beide liegen am Fuß der
Gemeindealpe, aber der Erlaufsee ist ein natürlicher Bergsee.
Der Stausee
dagegen wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts angelegt.
Noch ist das Wasser ruhig und
nichts deutet darauf hin, dass es wenige Kilometer weiter dahinschießen
wird – durch die Tormäuer – eine Schlucht, in der die Erlauf noch frei dahinfließen
darf.
Donauschiffe bei Melk
Die Geschichte der Donau als lebenswichtiger Handelsweg reicht weit zurück.
Schon in der Frühzeit wurde sie für den Transport von Metall, Salz oder Bernstein genutzt.
Gemächlich ziehen bis heute die Kähne ihre Spuren durchs Wasser – so vergänglich wie ihre Muster sind auch sie selbst.
Doch immer wieder sammeln sich Wellen zum Spiel an Bug und Heck.
Donauschlinge bei Ybbs
Nördlich von Ybbs umfließt die Donau die „Gottsdorfer Scheibe“.
Im Volksmund hieß diese Schlinge „Böse Beuge“ – Und daraus wurde „Persenbeug“.
Ackerland,
in Bahnen gefasst,
Mais Raps Luzerne.
Streifenland,
ins Grün eingepasst,
Gold Ocker und Braun.
Fächerland,
vom Fluss eingefasst,
Wellen Strudel und Strömung.
Mutterland,
von der Zeit fest umfasst,
gestern heute und morgen.
Baumreihen im Tullnerfeld
Es wird Tag im Tullnerfeld.
Das Muster der Äcker ist einzigartig gewebt und wechselt doch von Jahr zu Jahr.
Die Felder mit Pappelstreifen umgürtet. Sie geben dem Auge Halt in der Weite und versuchen den Wind zu zähmen.
Schneeberg
Mitten im Winter, wenn der Schneeberg seinem Namen
alle Ehre macht,
mischt sich an manchen Tagen schon etwas Rosé ins Blau des Himmels
Wie ein Versprechen, auf die Rückkehr des Frühlings.
Burg Stixenstein
Nordwestlich von Ternitz, nahe dem Semmering, liegt die Burg Stixenstein
Sie stammt vermutlich aus dem 12.
Jahrhundert und wechselte im Lauf ihrer Geschichte mehrfach
die Besitzer, brannte ab und wurde wieder aufgebaut. Seit 1937 gehört sie der Stadt Wien.
Ihre abgeschiedene Lage macht sie
zum sicheren Depot für Kunstwerke. So hat auch der Nachlass
eines Königs hier
den Zweiten Weltkrieg überdauert – nämlich der von Walzerkönig Johann Strauss.
Spitz
Wenn der Schnee liegt sieht die Wachau aus, wie mit feinem Strich gezeichnet.
Ihre Weinberge mit dünnen Linien umrankt.
Es sind die Steinterrassen auf denen die Weinstöcke wachsen.
Ihr Blattwerk wird im Sommer die Hügel begrünen, sie im Herbst zum Leuchten bringen.
Doch jetzt gibt ihnen nur das Licht Winterfarben:
Das verhangene Eisgrau des Morgens,
das flüchtige Frostblau des Mittags,
und das zarte Schneelila,
wenn der Tag sich nach wenigen Stunden wieder neigt.
Schwarzenbergpark
Viele Wiener wissen gar nicht,
dass es ihn gibt – den Schwarzenbergpark.
Er liegt im 17. Bezirk, entlang
der Neuwaldegger Straße und geht in den Wienerwald über.
Als er 1765 angelegt wurde, war er
der erste Landschaftsgarten Österreichs – und einer der größten Lustgärten
Europas.
1801 erwarb die Fürstenfamilie
Schwarzenberg das Areal, 1958 kaufte es die Stadt Wien,
um ein
Naherholungsgebiet daraus zu machen. Zur Freude von Groß und Klein.
Nussberg
Dem Kahlenberg und dem Leopoldsberg vorgelagert liegt der Nussberg. Sanft schwingt hier der Wienerwald aus in Richtung Wien.
1226 wurde der Nussberg zum ersten
Mal urkundlich erwähnt. Bis zum 16. Jahrhundert hieß er „Monte Nucum“,
weil er
mit Haselnusssträuchern und Nussbäumen bewachsen war.
Heute wachsen an seinen
Hängen und in seinen Mulden die besten Weine von Wien.
Denn seine kalkreichen
Böden geben den Trauben vom Grünen Veltliner und Riesling eine ganz spezielle
mineralische Note.
Wasserbehälter Hackenberg
Am Hackenberg – dem Höhenrücken zwischen Sievering und Salmannsdorf – inmitten von Kleingartensiedlungen und Weingärten liegt: Ja was eigentlich?
Ein neoromanisches Bauwerk. Doch es ist keine Aussichtswarte, kein Tempel, kein Denkmal, sondern ein Wasserspeicher.
Er gehört zum Netz der Zweiten Wiener Hochquellenwasserleitung.
Als er 1910 erbaut wurde, war Wien auf dem Weg zur Weltstadt.
Selbst
Zweckbauten sollten diese Tatsache widerspiegeln, und so baute man halt den wohl schönsten
Wasserspeicher der Welt.
Alt Erlaa
Auf den ersten Blick: Schirch, für die Kenner: Genial, für die
Bewohner: Ideal. Der Wohnpark Alt Erlaa.
Eine Stadt in der Stadt für 9000 Menschen. Erbaut in den 1970er
Jahren.
Das Konzept: Gestapelte Einfamilienhäuser mit perfekter
Infrastruktur und nicht zu vergessen: Swimmingpools samt Wienblick.
Kledering Zentralverschiebebahnhof
Ziag umme, Schiab zuwe, Ziag auffe, Schiab fiere.
Be hof bahn de ring schie Kle Ver.
Ziag åwe, Schiab eine, Ziag daune, Schiab ausse.
Schie Ver hof ring Kle bahn de be.
Ziag zuwe, Schiab auffe, Ziag fiere, Schiab åwe.
Hof schie Kle ring Ver de be bahn.
Ziag eine, Schiab daune, Ziag ausse, Schiab umme.
Ver schie be bahn hof Kle de ring.
Ah, Zentralverschiebebahnhof Kledering!
Jetzt passt‘s.
Wien 1. Bezirk
Das Tageslicht zieht sich leise zurück und es wird Nacht in Wien.
Rainer Maria Rilke:
Der Abend wechselt langsam die Gewänder,
die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;
du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,
ein himmelfahrendes und eins, das fällt;
und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,
nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,
nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend
wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt –
und lassen dir unsäglich zu entwirrn
dein Leben bang und riesenhaft und reifend,
so dass es, bald begrenzt und bald begreifend,
abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.