Österreich, wie man es noch nie gesehen hat: Georg Riha macht sich exklusiv für ORF III wieder auf die Suche nach den beeindruckendsten Luftbildern unserer Heimat: Die bekanntesten, die poesievollsten und auch die entlegensten Orte spürt er mit dem Helikopter auf und montiert sie zu einer Collage der visuellen Pracht. Den Auftakt macht er im Osten, wo sich geografische Schätze entlang der Donau entfalten.
Der Osten II
Marchfeld, Allee östlich Ollersdorf
Ein Sonnenaufgang im Marchfeld: Vor den Farben legt sich das Licht auf die Felder.
Hell auf Dunkel. Darüber – Dunkel auf Hell – der Schatten der Pappeln.
Spitzen im Morgen-Nebel-Meer, an denen der Blick sich verfängt – wenn er über die Weite streift.
Neusiedlersee Rust
Im Schilfgürtel des Neusiedlersees bei Rust. Nach dem Donaudelta ist er das größte zusammenhängende Schilfgebiet Europas.
Er umschließt den See fast vollständig, und es braucht eigene Stege und Kanäle, um zum Wasser zu gelangen.
Vielen Tierarten bietet er geschützten Lebensraum, allen voran den Vögeln.
Es heißt, dass Fische wie Hecht oder Wels nicht nur ihre Kinderstube im Schilfgürtel haben, sondern praktisch ihr ganzes Leben in ihm verbringen.
Was man von den Bewohnern der Bootshütten vermutlich nicht behaupten kann – aber von den Milliarden Gelsen.
Brücke von Andau, Einserkanal
Der Weg in die Freiheit führt manchmal über eine unscheinbare Brücke.
So geschehen im Spätherbst 1956 – hier, wo der Einserkanal genau die Grenze zwischen Österreich und Ungarn bildet.
Als der ungarische Volksaufstand brutal niedergeschlagen wurde, flüchteten zigtausende Menschen über die Brücke von Andau nach Österreich.
Aber was folgt auf die Erleichterung, wenn man dem Schrecken entkommen ist? Wohin führt der weitere Weg?
200.000 Ungarn stellten sich 1956 diese Fragen, als sie nach Österreich flüchteten. Und Millionen Flüchtende weltweit stellen sie sich heute – unverändert.
Otterteich südlich Purbach
Im nordwestlichen Waldviertel besitzt die raue Landschaft ihre eigene Stille.
Viele Teiche erinnern an die Zeit, als hier im Hochmoor Torf gestochen wurde.
Inzwischen haben sich diese Torfstiche mit Wasser gefüllt und sind zum Lebensraum für Tiere und Pflanzen geworden.
Otterteich heißt der kleine Moorteich südlich von Schrems.
Von den Fischottern, die ihm wohl seinen Namen gegeben haben, ist nichts zu sehen.
Nur Schwäne ziehen über das grüne Mosaik der Algen.
Burg Raabs an der Thaya
Es war einmal ein kleiner Ort im Waldviertel, der im Mittelalter so wichtig war, dass seine böhmischen und mährischen Nachbarn
die Gegend dahinter nur „Rakousko“ nannten. Das Land hinter Raabs. Und bis heute ist das der tschechische Name für Österreich.
Im Laufe der Jahrhunderte ist Raabs in einen Dornröschenschlaf versunken. Und auch sein Schloss träumt vor sich hin.
Doch einmal im Jahr erwacht es zu zauberhaftem Leben – wenn hier drei Tage lang ein Poetenfest gefeiert wird.
Autobahnstück Paasdorf
Paasdorf ist ein kleiner, unbedeutender Ort im Weinviertel. Moment mal – unbedeutend? Mitnichten!
Ein ganz besonderer Fund, den man hier gemacht hat, sucht weltweit seinesgleichen!
Das fast unversehrt erhaltene Autobahnstück, das bei Grabungen zum Vorschein kam. Experten datieren es auf das Jahr 1995 nach Christus.
Denn damals wurde die Kulturlandschaft Paasdorf mit diesem Kunstprojekt eröffnet.
Marchfeldbewässerung westlich Oberweiden
Westlich von Oberweiden im Marchfeld. Die fruchtbare Ebene wird auch Kornkammer genannt oder Gemüsehändler von Wien.
Denn sie liefert Nahrung für die stets hungrige Stadt. Doch Pflanzen sind durstig, und ausgerechnet das Marchfeld
gehört zu den Regionen von Österreich mit dem geringsten Niederschlag.
Daher muss es der Mensch regnen lassen. Und das im Hochsommer Tag für Tag.
Schloß Schönbühel
Am rechten Donauufer liegt eines der Wahrzeichen der Wachau: Schloss Schönbühel.
Vermutlich wurde hier schon im 12. Jahrhundert eine Burg errichtet. Seine heutige Gestalt erhielt das Schloss jedoch erst im Jahr 1820.
36 Meter hoch liegt es über der Donau auf einer künstlich angelegten Terrasse, die wie geschaffen ist, um von hier aus den vorbeifahrenden Schiffen zu winken.
Schallaburg
Die Schallaburg. In der Nähe von Stift Melk, dem perfekten Barockbau, überrascht ein Schloss im Stil der Renaissance.
Kein Wunder – hatte die Familie Losenstein doch tatsächlich einen italienischen Palazzo im Sinn, als sie die Burg im 15. Jahrhundert neu gestaltete.
Man ließ einen Turniergarten anlegen und den Burghof mit Terrakottaskultpuren ausschmücken.
Unter ihnen findet sich das sogenannte „Hundefräulein“, eine Mädchengestalt mit Hundekopf und Pfoten.
Das Fräulein soll angeblich auch heute noch erscheinen bevor ein Burgbewohner stirbt. Denn was wäre ein Schloss ohne ein eigenes Gespenst?
Windpark östlich Frauenkirchen
Ein Dialog mehrerer aufgebrachter Windkraftwerke.
Semmering
Der österreichische Zauberberg heißt „Semmering“. Kranke suchten im Luftkurort Heilung, Sommerfrischler in der Bergwelt Erholung,
und Künstler hofften auf Inspiration. Unter ihnen der Schriftsteller Peter Altenberg.
„Sie, sagen Sie mein lieber Altenberg, wie lang sind Sie eigentlich schon da auf diesem Semmering?“ „Elf Wochen!“
„So? No und das können Sie so aushalten, so ganz ohne Weiber?!“ „Nur ohne Weiber! Mit Weibern könnt ich's gar nicht aushalten!“
„Komischer Mensch, was Sie sind!“ „Weshalb komisch?“ „No, Sie sind doch der größte Troubadour für die Weiber, was wir haben heutzutage!“
„No könnt ich denn ihr größter Troubadour sein, wenn ich alleweil mit ihnen beisammen wär?!“
Doch keine Angst – auch viele „Weiber“ genossen den Semmering – darunter Berühmtheiten wie Alma Mahler-Werfel.
Ybbstalbahn
Man hört und riecht ihn, bevor man ihn sieht: Den Ötscherland-Express. Er fährt von Göstling an der Ybbs nach Kienberg-Gaming.
Fast hundert Jahre lang war das die Strecke der Ybbstalbahn. Heute fährt der Nostalgiezug nur noch zu besonderen Zeiten.
Und besonders ist auch seine Spurweite – nämlich nur 76cm. Wie es sich halt für eine Schmalspurbahn gehört.
Denn Bubenträume haben ja bekanntlich nichts mit Größe zu tun.
Lunzer See
Also Badesee ist der Lunzer See keiner. Damit man in seinem smaragdgrünen Wasser schwimmen mag,
muss es schon ein heißer Sommertag sein. Ein richtig heißer Tag. Kein Wunder dass sich Bachforellen und Seesaiblinge in ihm so wohlfühlen.
Um sie und ihren Lebensraum zu erforschen, wurde hier 1905 die erste biologische Station Österreichs gegründet.
Wissenschafter aus verschiedenen Fachrichtungen fingen an, Tiere und Pflanzen in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten und zu dokumentieren.
Ötscher
Der Ötscher ist zwar nicht der höchste Berg von Niederösterreich, der mächtigste ist er jedoch allemal.
Seit altersher ranken sich Sagen um ihn. Geister und verwunschene Seelen sollen hier hausen. Sogar der Teufel.
Doch die Mostviertler sind ein mutiges Volk, und eine Sennerin soll ihm einst die Stirn geboten haben.
Woraufhin der Teufel wutenbrannt Felsbrocken nach ihr schleuderte.
Die Stelle am Ötscher, von wo er die Steine genommen hat, ist seither der „Rauhe Kamm“ – Ein schmaler Grat,
der sich an der Nordostseite bis hinauf zum Gipfelplateau zieht.
Wachau, Weingut Loibenberg
In der Wachau
westlich von Krems. Der Wein wächst hier
an steilen Hängen – auf Terrassen, die sich wie Bänder um die Hügel schlingen.
Gestützt werden sie
von uralten Mauern aus Natur- und Bruchsteinen, sorgfältig von Hand aufeinander
geschichtet.
Sie schützen den Boden vor dem Wind und speichern die Wärme der
Sonne.
Jetzt, wo der Schnee
die Konturen schärft, treten sie noch stärker hervor – die Rippen der Hügel – die
den Weingärten Halt geben.
Stift Göttweig
In Psalm 18 heißt es: „Du mein Fels, meine Burg, mein Retter, du mein Gott,meine sichere Zuflucht, meine Festung auf steiler Höhe!“
Vielleicht wollten die Mönche von Stift Göttweig diesem Gebet eine steinerne Form geben, als sie ihr Kloster im Barock zur Festung Gottes ausbauen ließen.
Der älteste Teil des Stiftes ist jedoch die tausend Jahre alte Ehrentrudiskapelle, die sich schlicht in den wuchtigen Bau fügt.
Ebenfalls eine steinerne Mahnung, nicht zu vergessen, dass es der Mensch ist, der den Prunk braucht – nicht Gott.
Hüttelberg
Penzing heißt der Bezirk, mit dem Wien hier an Niederösterreich grenzt, und wo auch der Wolfersberg liegt.
Ursprünglich war er dicht bewaldet. Als aber nach dem Ersten Weltkrieg der Mangel an Brennstoff groß war, wurde er abgeholzt.
Statt Bäumen zieren ihn heute Kleingartenhäuser und sein Aussehen erinnert ein wenig an eine Tonsur.
Cobenzl Baumkreis
„Am Himmel“ heißt dieser Platz am Cobenzl in Wien. Schon seit Jahrhunderten ist er ein beliebtes Ausflugsziel.
Früher gab es hier sogar ein Schloss und einen Vergnügungspark. Jetzt wachsen hier Kastanie, Apfelbaum, Linde und viele weitere Bäume – insgesamt 36.
Sie bilden einen Lebensbaumkreis. Denn jedem Baum sind ein Zeitabschnitt des Jahres und bestimmte Eigenschaften zugeordnet.
Steht man vor ihnen, „erzählen“ sie davon, und am Wochenende und an Feiertagen ist klassische Musik zu hören.
Hauptkläranlage Simmering
Mehr als 6.000 Liter pro Sekunde, rund 200 Milliarden Liter Abwasser pro Jahr werden in der Hauptkläranlage von Wien gereinigt.
Erst kommt die mechanische Reinigung: Fest- und Schwebstoffe werden ausgefiltert – dann die biologische.
Ihr Prinzip ist der Natur abgeschaut. In sogenannten Belebungsbecken bauen Mikroorganismen die organischen Verunreinigungen ab.
Nach zwanzig Stunden ist es soweit: Das Wasser ist wieder so sauber, dass es in die Donau geleitet werden kann.
Lobau
Das Bild der Donau östlich von Wien war früher von großen Aulandschaften geprägt.
Seit der Fluss am Ende des 19. Jahrhunderts reguliert wurde, erinnert nur noch die Lobau daran.
Schon vor mehr als hundert Jahren wurde sie zum Schutzgebiet erklärt.
Heute gehört sie zum Nationalpark Donauauen, weil sie ein wichtiges Rückzugsgebiet für viele Tier- und Pflanzenarten ist.
Und nicht zu vergessen – für Freunde der Freikörperkultur.
Wienerberg Erholungsgebiet
Der Wienerberg. Kaum vorstellbar, dass dort, wo heute Park und Teiche sind, bis in die 1960er Jahre große Ziegelwerke waren.
1775 ließ Kaiserin Maria Theresia hier die erste staatliche Ziegelei errichten. Ende des 19. Jahrhunderts war sie die
größte Ziegelei Europas – denn für den Bau von Ringstraße und Palais brauchte es Ziegel. Und nicht zuletzt die „Ziegelbehm“ – Arbeiter
aus den Kronländern der Monarchie, vor allem aus Böhmen und Mähren. Sie stellten damals fast ein Viertel der Bevölkerung.
Und ihre Nachkommen betrachten sich heute stolz als „echte Wiener“.
Nußdorf Weingärten
Wo heute Wien liegt, lag vor Millionen Jahren das pannonische Meer, und der Nußberg bildete sein Ufer. Deswegen findet man in seinen Böden auch Muschelkalk.
Und genau der ist es, der dem Wein, der hier wächst, seine besondere mineralische Note gibt – sagen die Kenner.
Einst wuchsen auf den Hängen Nussbäume und Haselnusssträucher. Diese mussten den Reben weichen.
Kein schlechter Tausch – der Nußberg zählt nämlich zu den besten Weinlagen von Österreich.
Schemerlbrücke
Wo der Donaukanal von der Donau abzweigt, liegt das Nußdorfer Wehr.
Es wurde an der Wende zum 20. Jahrhundert errichtet, um die neuen Bauten am Donaukanal vor Hochwasser und Eisstoß zu schützen.
Sein Architekt war niemand geringerer als Otto Wagner. Er gab dem Wehr die Form von einem symbolischen Stadttor
– komplett – mit zwei riesigen Löwen, die es bewachen.
Hermesvilla
Kaiser Franz Josef machte die Hermesvilla am Rand von Wien seiner Ehefrau Sisi zum Geschenk.
Er wollte ihr damit einen Ort schenken, am dem sie Ruhe finden konnte.
Denn die Kaiserin war oft auf Reisen, um ihrem goldenen Käfig zu entfliehen.
Benannt ist die Villa nach einer Statue des Hermes vor ihrem Eingang – Kaiserin Elisabeth taufte sie „Schloss der Träume“.
Wienerwald Steinhofkirche
Als letzter Ausläufer der Alpen grenzt der Wienerwald an Wien. Am Wochenende zieht es die Menschen hinaus auf seine Hänge.
Wen wundert’s: Hat man von hier doch einen prachtvollen Blick auf die Stadt. Und so manches Schmuckstück verbirgt sich in seinem Grün.
Etwa die Jugendstilkirche zum Heiligen Leopold auf der Baumgartner Höhe. Besser bekannt als Otto-Wagner-Kirche am Steinhof.
Rathaus
Die innere Stadt. Die Häuser. Die Straßen. Der Ring. Das Burgtheater. Der Stephansdom. Das alles sieht er. Und noch viel mehr:
Der Wiener Rathausmann. Vom höchsten Turm des Rathauses in fast hundert Meter Höhe blickt er wachsam und wehrhaft. Außerdem ist er Blitzableiter.