Der Norden Österreichs bildet den Abschluss von Georg Rihas zweiter Erkundung aus der Luft. Mit Salzburg und Oberösterreich bieten sich hier nicht nur großartige Naturschauspiele, in den Alpen oder entlang der Donau, an. Hier zieht sich auch eine vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft durch, mit Landmarks vom Mittelalter über das Barock bis in die Gegenwart.
Der Norden II
Burg Kefermarkt
Den Namen Kefermarkt verbindet man meist mit dem weltberühmten Flügelaltar in der Pfarrkirche.
Der kleine Ort besitzt aber noch ein weiteres Prunkstück: Die Burg Weinberg.Ihr innerster Teil stammt aus dem Mittelalter.
Im Laufe der Zeit kamen weitere Wehranlagen dazu, um sie vor Angriffen zu schützen. Bis zum 16. Jahrhundert.
Da wandelte sie sich von der Wehrburg zum Renaissanceschloss...mit einem 45 Meter hohen Glockenturm, der vorwitzig über die Dächer schaut.
Bad Leonfelden Grenzturm
Nördlich von Bad Leonfelden, im Grenzland von Österreich und Tschechien.
Bis 1989 verlief hier der Eiserne Vorhang mit seinen Minenfeldern und Wachtürmen.
Doch dieser Turm ist viel älter. Es ist die Sternsteinwarte – ein Aussichtsturm, der errichtet wurde als Böhmen noch bei Österreich war.
Von seiner Spitze aus sieht man an klaren Tagen weit über das Mühlviertler Hügelland – bis zum Schneeberg und
Dachstein – und auch zum Moldaustausee und dem Atomkraftwerk Temelin.
Donau Mündung Große Mühl, Untermühl
Westlich von Linz mündet die Große Mühl in die Donau und zeichnet dabei faszinierende Muster.
Schuld daran sind der Inn und die Salzach, die zuvor in die Donau münden. Das Geschiebe, das die beiden aus den Alpen mitbringen, macht das Donauwasser trüb.
Klar ist dagegen das Wasser der Großen Mühl. Und von oben erkennt man, wie sich die beiden Flüsse nach und nach miteinander verbinden.
Tannermoor südöstlich Liebenau, Rubner Teich
Eines der größten Hochmoore von Österreich liegt südöstlich von Liebenau – das Tannermoor.
Weil es nur von Regenwasser gespeist wird, nennt man es auch Regenmoor. Es wurde nie wirtschaftlich genutzt – kein Torf gestochen, keine Bäume gefällt.
Und so bilden Kiefern, Birken und Erlen ein geheimnisvolles, grünes Meer, von dem es heißt, dass eine ganze Stadt darin versunken ist.
Mit Mann und Maus. Denn das Tannermoor ist bis zu zehn Meter tief.
Plöckenstein, Böhmerwald
Der Böhmerwald ist ein Dreiländerwald. Tschechien, Deutschland und Österreich haben Anteil an ihm.
Schöner noch formulierte es Adalbert Stifter: „An der Mitternachtseite des Landes Österreich zieht ein Wald an die dreißig Meilen lang seinen Dämmerstreifen westwärts.“
Der poetische Hochwald des Dichters ist hier am Gipfel des Plöckensteins einer apokalyptisch anmutenden Szenerie gewichen.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zerstörte eine Borkenkäferplage die Bäume. Auf österreichischer und deutscher Seite
wurde das heutige Naturschutzgebiet damals noch bewirtschaftet und die befallenen Bäume entfernt, um die Verbreitung der Käfer einzudämmen.
Auf tschechischer Seite verstand man den Wald zu dieser Zeit schon als Schutzgebiet, in das der Mensch nicht eingreifen darf.
Man ließ das Totholz stehen. Und so wachsen im Schutz der toten Stämme bereits wieder junge Bäume für „das grüne Dach Europas“.
Feldarbeit südlich Mistlberg im Mühlviertel
Auf einer Wiese südlich von Mistelberg im Mühlviertel.
Ein Dialog zweier Bauern im Zusammenspiel ihrer Landwirtschaftsfahrzeuge.
Kremsmünster
Zu den größten und ältesten Klöstern hierzulande gehört das Benediktinerstift Kremsmünster im Traunviertel.
Die Mönche verbrachten ihre Zeit aber nicht nur mit Beten und Arbeiten, sondern auch mit Forschung.
Im 18. Jahrhundert errichteten sie eine Sternwarte – den mathematischen Turm – der als erstes Hochhaus Europas gilt.
Auch meteorologische Messungen wurden hier bereits durchgeführt. Und werden es heute noch.
Damit ist die Messreihe der täglichen Temperatur- und Wetterdaten aus Kremsmünster die längste der Welt.
Weidmoos Vogelparadies
Natur – Industrie – Natur – so ließe sich die Geschichte des Vogelparadies Weidmoos erzählen.
Der Mensch hat dieses Hochmoor nördlich von Salzburg durch den Abbau von Torf in eine Industrielandschaft verwandelt.
Im Jahr 2000 war damit Schluss, und seitdem verwandelt sich das naturgeschützte Gebiet nach und nach wieder zum natürlichen Lebensraum.
Seither finden auch viele in Europa schon selten gewordene Vogelarten hier eine neue Heimat.
Braunau
Eine schmucke, kleine Stadt am Inn. Der Fluss bildet hier die Grenze zu Deutschland.
Fällt dann ihr Name, verändern sich die Bilder im Kopf: Braunau.
Adolf Hitler wurde hier geboren. Der Mann, der Europa mit Krieg, Terror und Leid überzog, Millionen Menschen ums Leben brachte und Millionen zur Flucht zwang.
Viele davon aus Deutschland. Siebzig Jahre später ist es genau umgekehrt. 2015 wird Deutschland zum Ziel für hunderttausende Flüchtende.
Als der Strom der Menschen immer größer wird, verschließt das Land seine Grenzen wieder. Auch hier in Braunau. Und so heißt es Warten, Bangen, Hoffen…
KZ Mauthausen
Steinbruch. Todesstiege. Klagemauer. Appellplatz. Lagerstraße. Gaskammer. Mauthausen.
Langbathseen
Westlich vom Traunsee, am Fuße des Höllengebirges, liegen der vordere und der hintere Langbathsee.
Die beiden sind wie zwei unterschiedliche Brüder.
Belebt der vordere, sein Ufer im Sommer von Badegästen und Anglern bevölkert,
kleiner und still der hintere, in dem sich Berggipfel und Wald spiegeln.
Was seht ihr Bäume, wenn ihr euch über das Wasser neigt?
Seht ihr eure Stämme, Äste, Zweige,
oder betrachtet ihr den Himmel,
wie er nun vor euch liegt?
Attergau, Rossmoos und Attersee
An einem Sommertag im Attergau.
Über allem was ist schwebt immer auch das was sein könnte.
Was ist dein Leben?
Eine Sammlung vergebener Möglichkeiten oder verwirklichter Träume?
Eine buddhistische Weisheit besagt: Am Ende sind es nur drei Dinge, die wirklich zählen:
Wie sehr du liebtest,
wie sanft du lebtest,
und wie würdevoll du jene Dinge gehen ließest, die nicht für dich bestimmt waren.
Was also wird von dir bleiben, wenn du nicht mehr bist?
Was wird dich widerspiegeln?
Traunkirchen
Von Gmunden aus über den Traunsee. Es gibt Tage, da schweben die Berge zwischen Himmel und See und der Blick taucht durch Schichten von Blau.
Am westlichen Ufer liegt Traunkirchen. Schon vor 3500 Jahren war hier eine Siedlung.
Doch die Johanneskapelle – beliebtes Ziel bei einem Spaziergang auf den Johannesberg – wurde erst im 14. Jahrhundert gebaut.
Grundlsee, Totes Gebirge
Der Grundlsee. Von den Seen im Salzkammergut ist er der Größte. Legt ihn der Wind in Wellen wird er seinem Spitznamen gerecht: „Steirisches Meer“.
Mit glattem Wasser jedoch ist er Spiegel und Spielfeld der Wolken. Nach Westen zu rücken die Berghänge immer enger an ihn heran.
Es sind die Flanken des Toten Gebirges, in die er eingebettet ist. Noch dichter umschließen sie den Toplitzsee.
Und dicht umschließt ihn auch der Wald. Steigt man mit den Bäumen hinauf in die Höhe, weichen sie schließlich den Latschen und diese dem Fels.
Wo eben noch Wasserfläche war, ist jetzt wasserloses Gestein – Totes Gebirge.
Präaualm
Westlich von Dorfgastein – am Südhang vom Wetterkreuz – auf 1800 Meter Höhe – wo die Baumgrenze bereits in
Sichtweite ist – wird seit 150 Jahren eine Alm bewirtschaftet: Die Präaualm. Wer sie entdecken möchte, hat einen weiten Weg.
Denn eine Seilbahn gibt es nicht. Auch keinen elektrischen Strom. Dafür aber Stille und Einsamkeit im Überfluss.
Tappenkarsee
Wenn man am wenigsten damit rechnet, findet man oft die schönsten Schätze.
Oberhalb vom Kleinarltal liegt das Tappenkar – und darin gebettet wie ein tiefblauer Edelstein – der Tappenkarsee.
Erreichen kann man ihn nur zu Fuß – und nur von Juni bis September sind die beiden Hütten an seinem Ufer bewirtschaftet.
Die andere Zeit über ruht der See einsam und still – ein geheimnisvolles Juwel im Grün der Niederen Tauern.
Salzburg Residenzbrunnen, -platz, Dom
Stefan Zweig: Salzburg ist verschwenderisch gebaut,mächtig die Türme, mächtig die Paläste, herausfordernd groß die Kirchen
und vor ihnen die Plätze weiträumig, so dass ihre Höhe und Rundung voll zur Geltung kommen.
Aber hoch über all dem steht das wuchtige Wahrzeichen der Stadt: Die Feste Hohensalzburg.
Von allen Seiten, von nah und fern, immer sieht man zuerst dieses steinerne Schiff, über dem grünen Gewoge der Landschaft.
Eisriesenwelt, Tennengebirge
Südlich von Salzburg ragt das Tennengebirge am Rand des Salzachtals auf.
Der Gebirgszug ist völlig verkarstet und wie ein Käselaib durchsetzt mit Schächten und Höhlen.
Fast 170.000 Menschen besuchen jedes Jahr die bekannteste von ihnen. Ihr Eingang liegt in 1600 Meter Höhe und ist nur mittels Seilbahn und zu Fuß erreichbar.
Aber der Weg lohnt sich. Denn die Eisriesenwelt ist die größte Eishöhle der Welt.
Hochkönig Ostgrat
Im Südosten vom Steinernen Meer liegt der Hochkönig. Er ist fast ein Dreitausender und überragt alle anderen Berge im Umkreis von mehr als dreißig Kilometern.
Hart zeichnet sich sein Ostgrat im Licht des späten Nachmittags ab. Noch ist es Herbst, doch der Winter kündigt sich schon mit einer leichten Schneedecke an.
Ihre Zartheit lässt die Felsen noch schroffer wirken. Gegenüber vom Ostgrat wächst die Torsäule fünfhundert Meter hoch aus dem Fels.
Zusammen bilden sie eine steinerne Arena: Das Ochsenkar – das sich majestätisch in Richtung Salzachtal öffnet.
Burg Gallenstein bei St. Gallen
Östlich von St.
Gallen und nördlich vom Gesäuse liegt eine Burg aus dem 13. Jahrhundert.
Bis zum Ende des 19.
Jahrhunderts war sie einer der Verwaltungssitze von Stift Admont und Fluchtburg
für dessen Mönche.
In ihrer Chronik
finden sich auch Mord, Plünderung, Veruntreuung und Hinrichtungen. Kurzum: Ärger, Ärger
nichts als Ärger.
Dass das der Grund
für ihren Namen ist, ist jedoch nur eine Behauptung. Sie heißt nämlich
Burg Gallenstein.
Totes Gebirge Mulde
Vom Ausseer Becken hinein ins Tote Gebirge. Langsam verschwindet der Grundlsee und die Hänge schieben sich in den Blick.
Nur der Dachstein bleibt – Leitbild am Horizont Es ist Herbst. Grün ist es noch im Tal. Doch auf den Hängen tragen die Bäume schon Gold.
Und selbst der Winter kündigt sich an mit leisem Schnee. In den Senken nistet der Nebel, nimmt Pflanze und Stein ihre Kontur.
Doch klar wie ein Ausruf der Dachstein Herrscher am Horizont.
Ausseersee
Still ist das Tal vom Ausseer See – noch stiller im Winter. In der Ferne schimmert in weißer Pracht der Dachstein.
Zwischen Trisselwand und Loser wird das Tal immer enger – und schließlich lässt sich erkennen, was es ist:
Eine Falte im Toten Gebirge, in der sich der See versteckt.
Schafberg
Am Schafberg im Winter. Von Ende Oktober bis Ende April kommt nur herauf, wer es zu Fuß schafft. Denn die Zahnradbahn fährt nur in der Sommersaison.
Majestätisch ragt der Nordabbruch hoch über dem Mondsee auf. Wer von dieser Seite aus den Schafberg bezwingt, erreicht das Gipfelplateau
durch die Himmelspforte – einen künstlich geschlagenen Felsdurchstieg. Kaum ist man hindurch geklettert, wird man mit dem atemberaubenden Ausblick belohnt
und – Sonnenschein! Denn nun steht man auf der Südseite des Schafbergs.
Dachstein Gipfel
Der Dachstein. Von der ersten Frau auf seinem Gipfel kennt man nur den Vornamen: Nanni.
Sie war Sennerin und begleitete 1843 eine Expedition. Wie sehr sie sie dieses Erlebnis überwältigt, beschreibt der Expeditionsbericht:
„Dann stieg plötzlich wie aus der verborgensten Tiefe ihres Inneren die erwachte Seele in ihr glänzendes Auge und ein Gemisch von
kindlicher Freude und Verklärung verbreitete sich über ihr Gesicht. Zwei glänzende Tränen stahlen sich hinter den dunklen Augen
hervor und rollten langsam über die sonnenverbrannte Wange. Aber als schäme sie sich dieses Gefühls, sprang sie auf die höchste
Felsplatte und jubelte nun unausgesetzt hinab in die sie umringenden Abgründe.“
Und ganz ehrlich – wer jubelt hier nicht beim Anblick von so viel Schönheit?